Taschenphilharmonie

Revo­lu­tio­närer Feuer­kopf

von CRESCENDO Redaktion

6. März 2017

Wenn jemand die Sinfonien Beethovens neu einspielt, darf man sich schon fragen, ob es wirklich noch etwas so Neues zu sagen gibt, dass es eine weitere Aufnahme rechtfertigt.

Erstaun­li­cher­weise lautet die Antwort auf beide Fragen: „Ja!“. Diese Eroica hat mich sehr beein­druckt. So trans­pa­rent und vital hört man Beet­hoven mit großem Orchester nie. Die einzeln besetzten Strei­cher spielten souverän, und schaffen es, trotz kammer­mu­si­ka­li­scher Inten­sität einen durchaus orches­tralen Klang zu erzeugen. Die Bläser klingen fili­gran, aber mit Attacke und durchaus sehr voll im Tutti. Natür­lich ist ein klas­si­sches 80-Mann-Orchester einfach massiver, lauter. Das Stück gewinnt aber in dieser Fassung, die im übrigen an keiner Stelle nach „Bear­bei­tung“ klingt, sondern einfach nur sehr durch­hörbar, unge­heuer viel vom Élan und der Energie, ja sogar dem Witz zurück, den die Zeit­ge­nossen dem Stück zuschrieben und die im tradi­tio­nellen Orches­ter­be­trieb meis­tens auf der Strecke bleiben.

Manche Stellen sind beim ersten Hören gewöh­nungs­be­dürftig, wenn etwa der Beginn des Trau­er­mar­sches von nur einer Violine gespielt wird, aber nach kurzer Einge­wöh­nungs­zeit ist man von der über­zeu­genden und packenden Darstel­lung des Diri­genten Peter Stangel wort­wört­lich gebannt. Man mag den CD-Player nicht ausschalten, bevor nicht das ganze Stück vorbei ist. Und wenn die 13 Musiker am Ende des Finales nicht nur auf‑, sondern beinah über­drehen und einen Heiden­lärm in Es-Dur veran­stalten, dann versteht man, dass und warum Beet­hoven ein revo­lu­tio­närer Feuer­kopf war.

Fazit: Alle Achtung! Die bietet einen wirk­lich neuen, unver­brauchten Zugang zu diesem beinah totge­spielten Werk, der unge­heuer lebendig ist und schlicht Spaß macht. Als Bonus gibt es am Ende der CD noch eine „Höraka­demie“, in der der Diri­gent Einiges zu Geschichte und Aufbau der Eroica erklärt – und zwar mit Orchester und erfreu­lich unpäd­ago­gisch. Eine echte Entde­ckung! Man darf auf die nächste CD des kleinen Sinfo­nie­or­che­tsers gespannt sein.