Paul Kuhn

Zum Tod von Paul Kuhn

von Sina Kleinedler

17. Oktober 2013

Er war „Der Mann am Klavier“: Paul „Paul­chen“ Kuhn widmete sich sein Leben lang der Musik. Als Pianist, Band­leader, Kompo­nist und Sänger gab er seine Begeis­te­rung an das Publikum weiter. Seine Karriere begann, als ihm der Onkel zu Weih­nachten ein Akkor­deon schenkte, mit dem der erst sechs­jäh­rige Junge auf Festen und in Kneipen spielte, um die kleine Fami­li­en­kasse aufzu­bes­sern. Als der Krieg kam, ließ er sich mit einem Freund in die Brand­wache des musi­schen Gymna­siums einteilen, um heim­lich auf dem Dach­boden Radio hören zu können. In den verbo­tenen Programmen der BBC lauschten sie – unter einer Decke versteckt – die Musik von Glenn Miller und anderen Jazz­künst­lern. Da beschloss , sobald der Krieg vorbei wäre, Jazz­mu­siker zu werden. Nach Kriegs­ende begann er jedoch ein klas­si­sches Musik­stu­dium am Wies­ba­dener Konser­va­to­rium. Seine Eltern wünschten sich, dass er Konzert­pia­nist würde. So spielte Paul Kuhn tags­über Bach und nachts Duke Ellington. Mit selbst gegrün­deten Ensem­bles trat er in Bars für die GIs auf. Die Gage waren Ziga­retten, Kaffee und Noten­hefte aus . Als einziger Deut­scher wurde er beim Solda­ten­sender AFN als Band­leader ange­stellt. In den fünf­ziger Jahren kompo­nierte Kuhn Unter­hal­tungs­musik und wurde durch den von Horst-Heinz Henning kompo­nierten Schlager „Der Mann am Klavier“ einem breiten Publikum bekannt. Obwohl sein Herz weiterhin dem Jazz und insbe­son­dere dem Swing gehörte, folgten weitere Schlager wie „Es gibt kein Bier auf Hawaii“ und „Jeden Tag, da lieb ich dich ein kleines biss­chen mehr“. Seine unglaub­liche Bühnen­prä­senz verhalf ihm zu eigenen Formaten im öffent­lich-recht­li­chen Fern­sehen. In Sendungen wie „Pauls Party“ und „Hallo Paul­chen“ zeigte sich sein Talent als Enter­tainer. Auch als Schau­spieler hatte er Erfolg: Im Fern­seh­film „Der Mann am Klavier“ verkör­perte sich Paul Kuhn 1985 selbst. Zwölf Jahre lang leitete er das Unter­hal­tungs­or­chester des Senders Freies . Als das Orchester 1980 aufge­löst und sein Plat­ten­ver­trag gekün­digt wurde, wagte er mit seinem eigenen Orchester und dem „Paul Kuhn Trio“ einen Neuan­fang. Nach 50 Jahren bekam er endlich die volle Aner­ken­nung als Jazz­mu­siker. 2011 erfüllte Paul Kuhn sich einen großen Traum: zum 85. Geburtstag reiste er nach Los Angeles und nahm gemeinsam mit John Clayton und Jeff Hamilton sein Album „The L.A. Session“ auf. Die drei Jazz­größen spielten in den Capitol-Studios, wo schon Frank Sinatra und Nat King Cole musi­zierten. „Meine Auftritte machen mich glück­lich. Ich mache weiter, bis der liebe Gott mir beim Klavier­spielen auf die Finger klopft und sagt: Jetzt reicht‘s!“, sagte Kuhn einmal mit seinem verschmitzten Lächeln. Er spielte bis zuletzt.

Fotos: Rafael Toussaint IN+OUT Records